Agfa Silette/Super Silette Reparatur
hier eine Super Silette, mit Solinar f:3,5/45mm und Synchro Compur Verschluss

Vorstellung und Wartung, am 13.05.2022 begonnen. Am 27.05.2022 fertiggestellt.
Warnung: Dies ist keine Reparaturanleitung, allenfalls eine Vorstellung der Kamera bis in bauliche Details. Wenn Sie also tatsächlich daran schrauben wollen, geschieht dies natürlich auf eigenes Risiko. Sollten Sie nicht geübt sein, kann es schnell dazu führen, dass Ihre Kamera unwiderbringlich zerstört wird.
Ich zeige Bilder und beschreibe wie eine solche Kamera nach fast vollständiger Zerlegung wieder zusammen gesetzt wird und dabei die Einzelteile begutachtet und ggf. behandelt werden müssen. Ich zeige nicht, wie die Kamera zerlegt wird. Das gelingt ja vielen und soll nicht weiter beschrieben werden.

-1-Die gezeigte Super Silette ist leicht defekt. Mit etwas frischem Öl wollte sie noch nicht wieder laufen. Daher musste sie bis auf den Verschluss und den Entfernungsmesser doch fast komplett zerlegt werden.
Als Einstiegsfoto zeige ich diesen Hebel mit Zahnstange, der den Spannvorgang zum Verschluss überträgt. Vielleicht ist auch er an dem Defekt beteiligt, dass der Verschluss nach Auslösen gebremst wurde und man den Lamellen beim Schließen zugucken konnte.
Die vielen Teile aus Metall lege ich nun mit entsprechendem Reinigungsmittel in das Ultraschallbad. Alles ist irgendwie griesig (nicht sandig), aber so kann die Kamera nicht funktionieren.
-2-Bis hierhin ist die Kamera zerlegt.
-3-Auch oben ist alles abgebaut, so kann man die Kamera beim Montieren besser auch mal über Kopf stellen,
-4-Unten ist das Deckblech ab, das von 2 kleinen Senkkopfschrauben gehalten wird. Um an die zu gelangen, muss das Leder wenigsten auf beiden Seiten bis zum Auffinden der Schrauben runter. Aber ich möchte hier ja nicht das Zerlegen dokumentieren, sondern den Neuaufbau.
-5-Von hinten sieht sie noch relativ komplett aus. Die Rückwand ist ab, rechts ist die Spule entnommen.
-6-Ab hier erfolgt nun das Wiederzusammensetzen.
Mit der Filmspule und der Bremsvorrichtung geht es los. Sie besteht aus den beiden tellerförmig gewölbten Scheiben, die in zwei Schlitzen auf der Welle sitzen. Sie herauszubauen ist nicht einfach, aber nun habe ich sie gereinigt vor mir liegen.
-7-Man legt zunächst die Spule in die Kamera mit dem Filmschlitz nach unten oder so, dass der kleine Wiederhaken in die Filmperforation auch einhaken kann. Dann kommt die Welle von unten in das Gehäuse. Die Führungsbuchsen habe ich vorher gefettet. Die Welle sollte man genau betrachten, an den Laufflächen sollte man auch kleine Ratscher oder Grat mit feinstem Wasserschleifpapier entfernen.
Als nächstes werden die beiden Scheiben wieder montiert, also auf die vorgesehenen Schlitze aufgeschoben. Auf dem Foto ist die untere Scheibe zur Veranschaulichung nur ein Stück aufgeschoben. Die Spule kann jetzt nicht wieder heraus und läßt sich "smooth" bewegen.
Beim Drehen nimmt sie die anderen Zahnräder mit. Der Mechanismus muss sich nun leicht vor und zurück drehen lassen. Wenn nicht, die Zahnräder ölen, das reinigt außerdem.
-8-Weiter geht es mit dieser Welle, die die Spannbewegung von oben nach unten überträgt. Auch sie hat 2 Laufflächen, die vor dem Einbau genau geprüft werden müssen und dann geschmiert werden sollten. Der Einbau erfolgt natürlich von oben nach unten. Unten kommt als erstes das große Zahnrad auf die Welle, dann das kleinere. Die Zähne vor Einbau kontrollieren, sie müssen richtig sauber sein. Grat kann man mit dem feinen Wasserschleifpapier entfernen. Vor Aufsetzen die Klinke der Rücklaufsperre beiseite klappen, um sie nicht zu beschädigen. Ist alles richtig gemacht, läßt sich jetzt alles weider frei drehen ohne Widerstände. Aber eben nur in eine Richtung, die kleine Rücklaufsperre ist jetzt schon aktiv.
Jetzt kann man erstmals die Spulenbremse kontrollieren und ggf. auch begreifen. Bei der Vorwärtsbewegung durch den Spannhebel dreht sich der bis hierhin eingebaute Mechanismus einschließlich der Spindel für die Filmperforation komplett mit. Zunächst noch ohne Begrenzung vorwärts. Rückwärts geht nicht mehr, dafür sorgt die Rücklaufsperre unten im Kameraboden. Die Filmspule macht die Bewegung mit, ist aber nur über die "Bremse"mit der Spindel verbunden, nicht völlig starr. Das verhindert bei der Vorwärtsbewegung ein Abreißen des Films bei irgendwelchen Defekten und am Ende des Films ein Abreißen aus der Filmdose.
Weiterhin wird die Bremse beim Rückspulen des Films benötigt. Deshalb muss sich die Spule auch in die andere Richtung bewegen lassen, ohne dass der Kraftaufwand zu groß wird. Die beiden Federn aus Abschnitt 6 dieser Seite zeigen die Bremse (Federscheiben), die mit der größeren Seite jeweils auf der Spule sitzen und da für das Mitnehmen der Spule sorgen. Auf der Spindel sind sie über die kleinen Schlitze fest mit der Spindelachse verbunden.
Hier hielt ich den Kraftaufwand für zu hoch und habe jeweils etwas Öl auf die Spulenaußenseiten gegeben. Jetzt gefällt es mir besser.
-9-Das Gehäuse von unten sieht nun so aus. Die Schraube der Spindel habe ich mit etwas Lack fixiert. Wer jetzt sagt, an meiner Silette sieht das aber anders aus, der hat eine mit einer anderen Rücklaufsperre.
Die Spannbewegung wird über die mittleren Zahnräder nach links zur Spindel für die Filmperforation übertragen. Drückt man von unten auf diese Zahnräder, dann läuft diese Spindel frei. Der Bedienknopf ist ja noch nicht aufgesetzt, daher einen Schraubendreher o.ä. benutzen zur Prüfung. Beim Zurückckspulen des Films ist also die Spindel frei beweglich und läßt den Film wieder in die Filmdose. Der restliche Mechanismus steht still oder wird gehalten, lediglich die eigentliche Spule läßt sich gebremst von den beiden Federtellern zurückdrehen.
Es ist schwierig zu erklären und liest sich nicht ganz einfach. Aber vielleicht versteht mich der eine oder andere Besucher der Homepage trotzdem.
-10-Ab hier 2 Fotos von Teilen einer anderen Super Silette: Zunächst eine Spindel mit der erwähnten anders gebauten Rücklaufsperre. Da sitzt statt eines zweiten Zahnrads mit Sperrklinke eine Art Trommel drauf, um die außen eine Spiralfeder aufgezogen ist. Das Prinzip kann man mit jeder Spiralfeder ausprobieren, die stramm auf einer Welle sitzt. Die Feder läßt sich nur in eine Richtung drehen. Das passiert gegenüber der anderen geräuschlos und man kann die Rücklaufsperre nicht hören, wenn sie arbeitet. Wenn man also sein Ohr an diese Stelle der kompletten Kamera legt und sie spannt, hört man etweder das Klicken oder eben nichts. So weiß man, welche Rücklaufsperre verbaut ist.
-11-Hier ist die ausgebaute Spindel für die Filmperforation zu sehen. An der vorgestellten Silette habe ich das Teil nicht ausgebaut. Wer es macht, sollte beim Zusammenbau die 2 kleinen Schrauben (auf dem Foto links leider nicht zu sehen) besser gleich mit (Nagel)Lack einkleben, sie sind sehr kurz. Wenn das untere Zahnrad nach oben gedrückt wird, rastet es aus der Welle aus und damit ist das Rückspulen des Films erst möglich. Ansonsten sorgt der winzige Stift dafür, dass sich das Zahnrad auf der Welle nicht dreht.
12Mittlerweile ist Montag der 16. Mai 2022. Es sollte hier nun munter weiter gehen mit dem Zusammenbau, aber nun bin ich wieder auf einen winzigen Unterschied gestoßen, den ich erst vorstellen möchte.
Es ist die Auslösestange, die nun ins Gehäuse wieder eingesetzt werden sollte. Sie lief in der Hülse nicht ganz frei, fiel beim Einbau nicht gleich nach unten. Ich habe dann von einer Teilekamera eine andere ausprobiert, und dabei habe ich den kleinen Unterschiede gefunden. Jeder kann es auf dem vergrößerten Foto links auch erkennen. Bei der unteren, dort wo die 3 weißen Pfeile hinzeigen ist das Mittelstück erst zylindrisch und dann wird es konisch. Bei der oberen ist es nur konisch.
Bedient wird damit die Auslösesperre. Ich werde ausprobieren, mit welcher Auslösestange die Kamera besser läuft.
Und noch etwas habe ich entdeckt:
Auf der oberen Stange erkennt man links unten eine Konterschraube. Es ist möglich die Länge der Auslösestange zu verändern, sie ist in den "Kopf" eingeschraubt. Agfa eben, die oft unterschätzte Kamera!
13Nun muss vorn an der Kamera gearbeitet werden, das halte ich für die richtige Reihenfolge. Macht natürlich nur Sinn, wenn der Verschluss in Ordnung ist, denn er soll jetzt mitsamt der Standarte wieder vorn an die Kamera.
Auf dem Foto links ist das kurze Zahnrad auf der Welle gut zu erkennen, das muss nach Prüfung usw, als erstes eingebaut werden. Leicht ölen empfehle ich hier. Danach wird das mattschwarze Blech eingesetzt und angeschraubt, an dem sich auch die Feder für die Wippe des Entfernungmessers befindet. Nun muss diese Wippe eingelegt werden, anschließend die besagte Feder wieder eingehängt werden, was garnicht so einfach ist.
Auf dem Foto sind auch einmal die kleinen Schrauben an der Perforationsspindel zu sehen.
14Es folgt der abgebildete Tubus und eine Verlängerung für die Spannwelle, die dann direkt zum Verschluss führt.
Mit Lack habe ich dieses gebogene Verbindungsstück und die dünne Stahlstange versucht zu fixieren. Sie führt mit der Spitze voran durch den Verschluss und tastet die schiefe Ebene um die Frontlinse dann ab.
Anschließend wird die Standarte mitsamt Verschluss wieder aufmontiert. Die große Tücke dabei ist die beschriebene Verbindung zum Entfernungsmesser mit der dünnen Stange. Auch die Spannwelle darf nicht abfallen. Dafür habe ich sie mit ein wenig Fett "angeklebt".
Hat man es vollbracht, auf keinen Fall die Stange wieder aus dem Verschluss ziehen, dann fällt das gebogene Verbindungsstück gern herunter und man darf von vorn beginnen.
15Jetzt sieht das Objekt so aus. Die Standarte ist mit den beiden Schrauben von oben schon befestigt,
16Unten sind auch die Schrauben eingedreht und damit ist ein großer Abschnitt geschafft. Schon angeschraubt ist die Mutter für das Stativ. Nur der Druckkknopf für die Freigabe der Filmrückspulung ist noch nicht wieder an Ort und Stelle. Alle Zahnräder sind leicht gefettet und dann wurde auch der Druckkknopf aufgesetzt.
17Somit konnte nun der untere Gehäusedeckel wieder aufgeschraubt werden. Das Leder habe ich mit etwas doppelseitigem Klebeband fixiert, noch nicht fest angeklebt. So kann es nicht abbrechen und schlimmstenfalls muss der Deckel ja vielleicht noch einmal ab. Davon habe ich aber kein Foto aufgenommen.
18Mittlerweile ist der 26.05.2022
Auf dem Foto ist links der Hebel für die Doppelbelichtungssperre bzw. Auslösesperre zu sehen. Ohne die Spiralfeder, die jetzt noch nicht angesetzt werden kann. Wenn man ihn kamerasetig nach hinten drückt und die Filmspule gegen den UZS dreht, kann man erkennen, wie er alle 180 Grad die Welle sperrt. Freigegeben wird der Hebel über den Auslöser, der noch nicht eingelegt ist.
19Rechts im Bild ist nun ein weiteres Teil aufgesetzt, wie es heißt weiß ich nicht, ich nenne es Mitnehmer. Daran aufgelegt ist die Zahnstange aus Bild 1, die zur Spannwelle des Verschlusses führt. Nur leicht eingelegt, noch nicht befestigt. Auch dieser Mitnehmer kann durch die Raste mit Feder nur 180 Grad weit die untere Welle mitnehmen, dann wird sie über den Spannhebel wieder zurück geführt.
20Weiter geht es mit diesem Teil. Es ist die Rückholfeder für den Spannhebel und Führung für den darunter liegenden Mechanismus. Vor Aufschrauben prüfen, ob der Mitnehmer dort ohne Reibung hineinpaßt und mit etwas Fett versehen. Ferner ist hier ein kleiner Haken für die Feder der Doppelbelichtungssperre angebracht, oben links zu erkennen. Auch zu erkennen, die Schlitze (liegen hier horizontal) für die halbmondförmige Mitnehmerscheibe, die wiederum von unten in den Spannhebel eingreift. Wenn man diese Scheibe auflegt, kann man die Rückholfeder testen.
21Hier nun der fast fertige Mechanismus. Ab hier kann man schon behelsmäßig prüfen, ob die Kamera mitsamt Verschluss auch funktioniert:
Dazu ist links im Bild die Zahnstange schon fixiert.
Bevor man das macht, muss man mit einem kleinen Stift das Zahnrad darunter soweit nach rechts drehen, bis man die Eigenspannung des entspannten Verschlusses spürt. Dann vorsichtig so halten und die Zahnstange auflegen und mit dem kleinen Blech oben fixieren.
Jetzt muss auch die Auslösestange eingesetzt werden. Anschließend den Spannhebel aufsetzen und vorsichtig spannen.
Auf keinen Fall Kraft aufwenden. Wenn alles funktioniert geht es wirklich federleicht. Der Spannhebel muss per Hand zurückgeführt werden, er funktioniert erst, wenn auch das Gehäuse aufgesetzt wurde und die dazugehörige halbmondförmige Scheibe angbracht wurde. Aber das erfolgt schon außerhalb des Gehäuses.
Sollte noch etwas nicht so laufen wie erhofft, nach Bild 22 verfahren und darauf zunächst den Spannhebel montieren und festschrauben. Dann muss bis auf das Zählwerk schon alles funktionieren.
22Den Sockel mit der Rückholfeder für den Spannhebel und den darauf sitzenden halbmondförmigen Mitnehmer zeige ich hier noch einmal stark vergrößert. Die beiden leicht nach oben zeigenden Nasen greifen in die Unterseite des Spannhebels. So wird die Bewegung zur Rückholfeder übertragen. Man kann das vorher mit den Fingern ausprobieren.
23Am Schluss der Arbeiten muss auch das Bildzählwerk wieder aufgesetzt werden. Die Teile können leicht geölt werden.
Links auf der Kamera sieht man den Spannhebel, in den die 5 Teile eingebaut werden müssen. Als erstes die oben abgebildete Scheibe , die mit einem Stift nach unten versehen ist. Dieser Stift kommt an die einzig mögliche Stelle bei etwa 8.00 Uhr im Spannhebel. Wenn die Scheibe gut sitzt, legt man darüber die Unterlegscheibe und darüber die eigentliche Zählwerscheibe mit den Aufnahmenummern von 1 bis 36 und dem Buchstaben "A" für Anfang. Als letztes wird das ganze verschraubt. Fertig. Es sollte nun funktionieren. Gegen den UZS dreht man nach dem Filmeinlegen auf "A" und spannt dreimal, dann steht das Zählwerk auf Nr. 1.
24Nicht fehlen darf auch die Rückspuleinrichtung am Schluß. Rechts im Bild der eigentliche Knopf mit dem Fenster, durch das man die Filmmerkscheibe sieht. Die hat eine winzige Verzahnung für die darunter liegende Stellscheibe, die man bei hochgezogener Welle von unten verdrehen kann. Darunter sitzt die Federscheibe.
Zum Montieren dieser Einheit die Kamera auf den Kopf stellen.
Diese Kamera funktioniert wieder. Noch ohne den Sucher und den Entfernungsmesser, aber das habe ich schon einmal erklärt.
Woran lag es nun, dass sie nicht funktionieren wollte?
An der Auslösestange von Bild 12? Verbaut ist die unten abgebildete Stange, sie funktioniert einfach besser.
An der Zahnstange mit dem Knickgelenk? Beim Verdrehen über dieses Gelenk rastete es etwas ein, eine aus der Ersatzteilkiste tat das nicht, also nahm ich die.
An dem Gries in der gesamten Mechanik oben unter dem Suchergehäuse?
Ist eigentlich auch egal. Eine Reinigung war von Nöten und frisches Fett und Öl hat noch nie geschadet.
Die alten Schätze haben es einfach verdient, dass sie ihre Funktionstüchtigkeit behalten und nicht nur als Staubfänger in der Vitrine dahin schlummern. Falls sie jemand erwerben möchte, ist auch das möglich.
Ich habe noch eine gleiche davon und auch noch weitere Siletten und Super Siletten.

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